Schwungvolle Inszenierung: Saturday Night Fever in Walenstadt
„Saturday Night Fever“ basiert auf einem 1976 im New York Magazin veröffentlichen, nicht den Tatsachen entsprechenden, Artikel „Tribal Rites of the New Saturday Night“ des britischen Autoren Nik Cohen. Im Jahr 1977 wurde das Muscial Drama mit John Travolta als Tony Manero in der Hauptrolle von John Badham verfilmt. Die Rolle verhalf Travolta zum Durchbruch. Die Filmmusik stammt von den Bee Gees und zählt zu den meistverkauften Alben aller Zeiten. Songs wie „Stayin’ Alive” und „How Deep Is Your Love“ wurden zu Hits.
Der junge Italo-Amerikaner Anthony „Tony“ Manero stammt aus der Gegend Bay Ridge, Brooklyn/New York und schlägt sich mit einem schlechtbezahlten Job in einem Farbengeschäft herum. Sein älterer Bruder Frank Junior ist Priester und geniesst das Ansehen der Familie. An den Wochenenden wird er zum „King of the Dancefloor“ in der Diskothek 2001 Odyssey und kann sich seiner Leidenschaft, dem Tanzen, widmen. Seine Freunde Bobby C., Joey und Double J. sind immer an seiner Seite, genauso seine Ex-Tanzpartnerin Annette, die immer noch in Tony verliebt ist. Auf der Tanzfläche begegnet er Stephanie Mangano und verliebt sich in sie. Tony plant mit Stephanie anstatt Annette an einem Tanzwettbewerb teilzunehmen. Das ungezwungene Leben auf der Tanzfläche nimmt ein jähes Ende, also Bobby C. seinen Freunden beweisen will, dass er kein Feigling ist.
„Saturday Night Fever“ wird diesen Sommer zum ersten Mal Open Air in der Schweiz gespielt. Von einem gemütlichen und lauen Sommerabend zu schreiben, würde schlichtweg nicht der Wahrheit entsprechen, denn Petrus benötigte etwas Anlauf ehe er sich vom Tanzfieber anstecken lies. Der Beginn der Vorstellung verzögerte sich, denn ein starkes Sommergewitter zog über den Walensee.
Die Kulisse der Churfirsten, die sich entlang des Walensees seitlich in die Höhe erheben, ist eindrücklich und wird umrahmt auf einen wunderbaren Blick auf den See. Während bei der „Titanic“-Produktion 2015 der Blick auf diese Naturkulisse verdeckt war, schafft das Bühnenbild von Christoph Weyers einen Einklang zwischen Natur und Bühne. Die Kulisse von Brooklyn bilden aufeinander gesetzte Schiffscontainer. Trotz dieser Stahlkolosse hat die Bühne eine gewisse Leichtigkeit. Die Innenausstattung der Container, sei es die Küche der Familie Manero, die Disko 2001 Odyssey oder Fusco’s Farbengeschäft, sind mit viel Liebe zum Detail und entsprechend dem Zeitalter der Geschichte gestaltet. Auch die berühmte Brooklyn-Bridge hat ihren Platz im Bühnenbild erhalten. Andrea Kučerová schöpft bei den Kostümen die Bandbreite der 70er Jahre voll aus und spielt mit den Farben und Mustern. Passend zu den Kostümen präsentiert sich das Maskenbild von Sandra Wartenberg.
Regisseur Stanislav Moša gelingt, trotz der Bühnendimension, eine perfekt in Szene gesetzte Aufführung. Die Handlungsübergänge gestalten sich flüssig und die Charaktere sind durch die klare Personenführung scharf gezeichnet. So ist Tonys Traum der Kleinbürgerlichkeit seines Elternhauses zu entfliehen genauso ersichtlich wie die Zerrissenheit von Bobby C., der vor grossen Problemen steht, da seine Freundin schwanger ist. Die rasante und lebendige Choreografie von Igor Barberic ergänzt sich wunderbar mit der Handlung und sorgt für Abwechslung. Vor allem die Tanzszenen des gesamten Ensembles sind absolute Hingucker. Trotz dieser gelungenen Inszenierung lassen sich die Schwächen des Buches von Robert Stigwood, Bill Oakes und Ryan McBryde nicht vollständig eliminieren. Zu langatmig sind die immer wiederkehrenden Dialoge im Elternhaus oder die der Freunde, welche die Handlung nur bedingt vorantreiben.
Die Band rund um den Musikalischen Leiter Gaudens Bieri bringt den Disco-Sound der Bee Gees schmissig zu Gehör. Das Tondesign von Andreas Brüll ist passend zwischen Darsteller und Band abgemischt.
Das Leben im katholischen Elternhaus geht Tony Manero auf die Nerven und so flieht er, wann immer möglich, aus dieser Kleinbürgerlichkeit und widmet sich dem Tanzen. Hier bekommt er die Anerkennung, die im von seiner Familie verwehrt bleibt. Filippo Strocci macht seine Sache als Tony Manero hervorragend. Berührend ist seine Interpretation des Songs „Immortality“. Überglücklich mit ihrem Leben in Manhattan scheint Stephanie Mangano, oder doch nicht? Als Tony sie beim Tanzen sieht, verliebt er sich in die gutaussehende junge Frau. Nathalie Parsa zeigt auf eine wunderbare Weise die vermeintlich glückliche Frau und punktet bei dem Song „What a kind of fool“ mit ihrem warmen Timbre.
Tony’s Freunde Bobby C., Joey und Double J. hängen am liebsten zusammen rum. Die Schwangerschaft seiner Freundin ändert für Bobby C. jedoch einiges. Hilfesuchend wendet er sich an die Jungs, findet allerdings kein Gehör für seine Probleme. Patric Scott zeigt die Zerrissenheit seines Charakters auf eindrückliche Weise und sorgt mit seiner Auslegung des Songs „Tragedy“ für einen Höhepunkt in der Show. Jan Grossfeld als Joey und Julian Schier als Double J. agieren Rollengerecht. Annette ist die ehemalige Tanzpartnerin von Tony und immer noch in ihn verliebt. Gänzlich gleichgültig ist sie ihm nicht, denn er nimmt sie immer wieder in Schutz. Angelika Erlacher gefällt durch ihre Rolleninterpretation.
Als Clubsängerin Gloria und als Monty begeistern Elisa Filace und Gianluca Sticotti mit den Songs „Disco Inferno“ und „Nights on Broadway“ durch ihre wohlklingenden Stimmen. Tony’s Eltern werden an diesem Abend von dem Schweizer Komiker Claudio Zuccolini und der Fernsehmoderatorin Monika Fasnacht dargestellt. Herrlich, wie beide die streng katholischen und kleinbürgerlichen Eltern mimen.
Am Premierenabend zeigte ein grossartig agierendes und spielfreudiges Ensemble, trotz des zu Beginns strömenden Gewitterregens, eine hervorragende Leistung. „Saturday Night Fever“ in Walenstadt ist ein Inferno an groovigen Hits und eine sehenswerte Inszenierung. Das Publikum spendete minutenlang Standing Ovation. Bis 26. August 2017 ist die Open Air Version des Disco-Klassikers auf der Walensee-Bühne zu sehen.
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