Interview – Kurz nachgefragt: Pia Douwes
Die bekannte Musicaldarstellerin Pia Douwes steht zurzeit bei den Seespielen in Thun (Schweiz) auf der Bühne, wo sie die Claire Zachanassian in dem neuen Musical „Der Besuch der alten Dame“ spielt. Im Rahmen der Premiere hat Musicalstories & Photography bei Pia Douwes mal kurz nachgefragt.
„Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt gehört fast zu jedem Deutschunterricht in der Schule. Wie haben Sie sich auf das Stück vorbereitet?
Ich habe das Buch erst gelesen, als ich für diese Rolle angenommen wurde. In Holland ist das Buch keine Pflichtlektüre. Ich finde es ein genial geschriebenes Stück – Vergebung, Schuld, Mitläufertum, Macht und Geld sind ganz aktuelle Themen. Ich glaube, es ist uns gelungen, dieses geniale Buch von Dürrenmatt in einer Zeit, wo wir mehr mit Emotionen zu tun haben, noch menschlicher zu machen.
Was sind für Sie die wesentlichen Unterschiede zwischen Buch und Musical?
Das Musical ist im Gegensatz zum Buch menschlicher. Der Mensch hat verschiedene Gefühle in sich. Claire ist nicht nur schwarzweiß. Sie kommt zurück, und als sie Alfred sieht, geschieht etwas mit ihr und auch mit Alfred. Es passieren Sachen und es fängt an zu brodeln, auch gefühlsmäßig. Dann stellt sich die Frage: Kann man vergeben, kann man zu seiner Schuld stehen, kann eine Stadt für sich stehen oder sind die Menschen wieder Mitläufer, genau wie es in der Vergangenheit geschehen ist? Hat man daraus gelernt oder nicht? Durch die Musik hat das Stück an Menschlichkeit gewonnen. Es ist ambivalenter. Deshalb wird es den Menschen heutzutage auch näher gebracht, da viel mehr mit Emotionen gearbeitet wird.
Sie spielen Claire Zachanassian. Nach Elisabeth, Milady de Winter und Mrs. Danvers eine weitere Charakterrolle, die sowohl stark als auch verletzlich ist. Was macht den Reiz an diesen Rollen für Sie aus?
Weil es Konflikte gibt. Weil diese Frauen nicht stark oder böse sind. Denn es gibt einen Grund, weshalb sie so geworden sind. Mich interessiert dieser Grund. Warum passiert das? Was erleben diese Frauen? Das finde ich interessant.
Sie spielen das erste Mal in Thun auf der Seebühne. Was hat sie am meisten beeindruckt und wie ist es für Sie, in Thun zu spielen?
Es ist toll, open-air zu spielen. Ich liebe es. Ich habe ja schon drei Jahre in Bad Hersfeld gespielt. Es ist toll, mit dem Wetter und der Natur umgehen zu müssen. Denn die Natur hat ja ganz eigene Kräfte. Da können wir machen, was wir wollen – wir müssen uns den Umständen hingeben. Das Stück ist toll geschrieben, und eine neue Rolle zu kreieren, ist auch immer interessant.
Mit Uwe Kröger spielt ein langjähriger Kollege wieder an Ihrer Seite. Wie ist es, wieder gemeinsam spielen zu können?
Mit Uwe Kröger wieder auf einer Bühne zu stehen, ist klasse. Und dass wir zusammen nach Wien gehen, ist ein Geschenk.