«Flashdance» – Überzeugende Cast im Klassiker auf der Walenseebühne
Legendär ist die Tanzszene im Film «Flashdance» als die junge ambitionierte Tänzerin Alex Owens, gespielt von Jennifer Beals, zu dem Titelsong «Flashdance… What a Feeling» um ihre Zukunft am Tanzkonservatorium tanzt. Als der Film 1983 in die Kinos kam waren die Kritiken alles andere als positiv. Trotzdem wurde der Film Kult und Songs wie „Maniac“, „Manhunt“ und „Flashdance…What a Feeling“ (Musik: Robbie Roth & Giorgio Moroder, Liedtexte: Robbie Roth & Robert Cary) wurden zu Songs einer ganzen Generation. 1984 gewann das Album zum Film einen Grammy Award als bestes Album eines Films (Grammy Award for Best Score Soundtrack for Visual Media).
Im Jahr 2008 feierte „Flashdance – The Musical“ (Buch: Tom Hadley & Robert Cary, Musik: Robbie Roth & Giorgio Moroder, Liedtexte: Robbie Roth & Robert Cary) im Theatre Royal in Plymouth seine Uraufführung. Nach vierjähriger Pause, wovon zwei Jahre der Corona-Pandemie geschuldet waren, ist «Flashdance» seit dem 15. Juni 2022 in einer für die Aufführung unter freiem Himmel überarbeiteten Fassung auf der Walenseebühne zu sehen.
Die Geschichte von Alex Owens und Nick Hurley ist schnell erzählt. Der Enkel eines Stahlwerkbesitzers muss sich als Geschäftsmann beweisen und verliebt sich in eine Mitarbeiterin. Zuerst lässt sie ihn abblitzen, dann verabreden sie sich doch. Er lässt seinen Einfluss an der Shipley-Tanzakademie spielen, sie kommt dahinter, ist sauer und am Ende finden die beiden doch zueinander. Happy End! Ganz so einfach ist die Geschichte, auch wenn das Buch in der Handlung schwach und teilweise langatmig ist, doch nicht erzählt. Es geht um Freundschaft, Träume, Leidenschaft aber auch um Vertrauensbruch, Drogen und falsche Versprechungen.
An der Walenseebühne wird «Flashdance» in eine unterhaltsame Story mit fantastischen Tanzeinlagen verpackt. Durch die kluge und stark auf die Charaktere bezogene Regie von Stanislav Moša sind die Schwächen des Buchs gut herausgearbeitet, wenn auch die Überraschungsmomente fehlen. Moša nutzt für seine Inszenierung die komplette Bühne, was dem Handlungsablauf guttut. Das Musical lebt von seinen einnehmenden Tanzszenen. Igor Barberic steuert eine abwechslungsreiche und fetzige Choreografie bei, die vor Energie sprüht. Ensembletanzszenen wie auch die Einzeldarbietungen sind absolut gelungen. Der Abschlusstanz „Flashdance…What a feeling“ ist nur eines der Highlights des Abends. Die fünfköpfige Live-Band unter der Musikalischen Leitung von Gaudens Bieri bringt die Songs kraftvoll und schmissig zu Gehör.
Eine Aufführung unter freiem Himmel ist eine besondere Herausforderung, da die technischen Möglichkeiten eines Theaters nicht vollumfänglich vorhanden sind. Eingebettet zwischen Walensee und Churfirsten hat die Walenseebühne eine wunderschöne Naturkulisse. Petr Hloušek und Jaroslav Milfajt schufen ein Bühnenkonstruktion aus Rohrstangen und Containern, die mit drei grossen integrierten Ventilatoren einer Stahlfabrik ähneln. Insgesamt gibt es drei bespielbare Ebenen, die genutzt werden. Mal als Harrys Bar, mal als Fabrik oder auch die Strip Bar Chameleon. Das gut durchdachte Lichtdesign von David Kachlíř setzt das Bühnenbild entsprechend in Szene und integriert es wunderbar in die Naturkulisse. Die Kostüme von Andrea Kučerová sind passend zum Stück und gefallen in Schnitt- und Farbgestaltung dem Stil 80er Jahre.
Mit Ann Sophie Dürmeyer als Alex Owens ist der Walenseebühne ein Glücksgriff gelungen. Anmutig und voller Energie bringt sie die Tanzszenen auf die Bühne und zeigt mit ihrer kraftvollen wohlklingenden Stimme, wie hervorragend sich diese Eigenschaften miteinander verbinden lassen. Kirill Zolygin als Nick Hurley zeigt in seiner Darstellung die Zerrissenheit zwischen Pflichtgefühl und Liebe und vermag stimmlich ebenso zu punkten. Durchgeknallt, verrückt und liebenswürdig – so lassen sich Alex Owens Freundinnen Kiki, Tess und Gloria beschreiben. Wie wichtig ihre Freundschaft ist, zeigt sich, als Gloria dem Besitzer des Nachtclubs Chameleon C.C. (Schmierig und hinterhältig: Carlo Schiavone) als Playgirl in die Hände fällt und mit Drogen sowie Alkohol eine unliebsame Bekanntschaft macht. Elisa Filace (Kiki), Jara Buczynski (Tess) und Ronja Borer (Gloria) begeistern mit ihrer Spielfreude und mit ihren energiegeladenen Stimmen.
Jimmy ist mit seinem Job als Kellner in der Bar seines Onkels Harry (Gutmütig: Oliver Koch) alles andere als glücklich. Sein grosser Traum ist es in New York als Komiker Fuss zu fassen. Dazu fehlt ihm eine wichtige Eigenschaft – das Talent des Komikers. Als er alles auf eine Karte setzt, lässt er seine Freundin Gloria zurück, die dadurch an der Beziehung zu Jimmy zweifelt. Patric Scott als Jimmy holt aus seiner Rolle raus was buchbedingt möglich ist.
Hannah, eine ehemalige berühmte Balletttänzerin, ist Alex einzige „Familie“. Durch Hannahs eindringliche Unterstützung füllt Alex die Anmeldeunterlagen für die Shipley Tanzakademie aus und kommt dadurch ihrem Traum einen Schritt näher. Raya Sarontino berührt mit ihrer mütterlich gutmütigen Darstellung als Hannah. Unter den Augen der Jury und der strengen Leiterin der Academy Ms. Wilde (Rollengerecht: Eva-Maria Kuperion) zeigt Alex eine eindrückliche Darbietung frei von jeglichen Konventionen und schafft die Aufnahme in die Tanzakademie.
Dank einer hervorragend aufspielenden Cast auf der Walenseebühne vergehen die knapp zweieinhalb Stunden, inkl. 30-minuten Pause, wie im Flug. Die starke Leistung wird vom Premierenpublikum mit langanhaltender Standing Ovation verdient gewürdigt.
Fotogalerie zu „Flashdance“ in Walenstadt (Walenseebühne), 2022